07.10.2022 | Allgemeine Informationen

Interview zu aktuellen Energiethemen

Am 30. September hat der Aufsichtsrat der EWF und der VEW die Abberufung des Geschäftsführers Stefan Schaller beschlossen und als Interims-Geschäftsführer die beiden Prokuristen Inken Barth und Stefan Kieweg berufen. Frau Barth, Herr Kieweg, welche Aufgaben haben Sie bei der EWF bisher übernommen?

Bildunterschrift: Interims-Geschäftsführung der EWF (v.l.): Stefan Kieweg und Inken Barth

Inken Barth: Ich bin seit über 16 Jahren bei der EWF und habe in der Zeit viele Themen mitgestaltet. Besonders stolz bin ich darauf, unseren kommunalen Gesellschafter Zweckverband Energie Waldeck-Frankenberg für alle unsere konzessionsgebenden Kommunen geöffnet und ihnen eine Beteiligung an unserer EWF ermöglicht zu haben. Wir haben uns in vielen Konzessionsvergabeverfahren durchgesetzt und schlussendlich im Verhandlungswege die Erweiterung unseres Netzgebietes im Süden des Landkreises erreicht. Im Laufe der Jahre habe ich mit Landräten, Bürgermeistern, Magistraten und Gemeindevorständen zusammengearbeitet und an so mancher Stadt- bzw. Gemeindevertreterversammlung teilgenommen. Die Arbeit mit unseren und den politischen Gremien ist herausfordernd, bereitet mir aber viel Freude.

Stefan Kieweg: Beim EWF-Vorgängerunternehmen VEW habe ich vor dreißig Jahren meine technische Berufsausbildung durchlaufen. Nach Abschluss meines Elektrotechnikstudiums war ich zwischenzeitlich zwölf Jahre in Kassel, bevor ich 2011 sehr gerne wieder zurück zur EWF gekommen bin. Bei der EWF-Schwester habe ich als Prokurist den Bereich Erneuerbare Energien aufgebaut. Das erfordert immer viel Fingerspitzengefühl, um am Ende Projekte auch tatsächlich realisieren zu können. Das waren immer Gemeinschaftsprojekte, an denen viele beteiligt waren, Kommunen, Einwohner und natürlich auch die verschiedenen Gruppen, deren Interessen mit in den Prozess einfließen.

Wie waren die Reaktionen bei der EWF nach den Ereignissen der vergangenen Woche rund um den ehemaligen Geschäftsführer Stefan Schaller?

Inken Barth: Alle Kolleginnen und Kollegen waren vor allem überrascht und verwundert. Niemand konnte den Zweck erkennen, sich in dieser Weise politisch einspannen zu lassen. Unsere Aufgabe ist die sichere und faire Energieversorgung in der Region, dabei bleibt es.

Stefan Kieweg: Wir sind aber dankbar für die klare Positionierung der EWF-Gremien und die schnelle Entscheidung. In der aktuellen Situation muss ein Energieversorger wie die EWF handlungsfähig bleiben. Viele drängende Aufgaben sind zu erledigen.

Welche Aufgaben wären das im Moment?

Stefan Kieweg: Der Bereich Vertrieb hat derzeit vor allem damit zu tun, dass die Bundesregierung am 29. September ganz kurz vor der Einführung die Gasbeschaffungsumlage gekippt hat, zwei Wochen nachdem wir unsere 20.000 erdgasbelieferten Kunden angeschrieben haben. Das hat zu tiefgreifender Unsicherheit bei den Kunden geführt und wir haben in den letzten Tagen deshalb viele Fragen erhalten. Klar ist, die Gasbeschaffungsumlage fällt weg und die Mehrwertsteuer auf Gas wird gesenkt.

Inken Barth: Einerseits sind wir froh über die Entscheidung, weil damit die Energiekosten nicht noch deutlicher steigen. Anderseits brauchen wir Sparanreize, wenn wir weiterhin die Gasspeicher befüllen oder auf einem möglichst hohen Niveau halten wollen. Wir werden sehen wann und wie die angekündigten Preisdeckel kommen. Für das kommende Jahr ist zu hoffen, dass die Energiepreise sinken. Dafür brauchen wir aber eine zuverlässige und stabile Gasversorgung für Europa und für Deutschland.

Die Gas-Importeure müssen nun durch den Wegfall der Gasbeschaffungsumlage direkt vom Staat unterstützt werden, damit weiter Gas importiert wird. Wie sieht es aktuell mit der Gasversorgung aus?

Inken Barth: Unsere oberste Priorität ist die Versorgungssicherheit in den Gebieten, wo wir für die Energienetze verantwortlich sind. Die Kolleginnen und Kollegen der EWF beschäftigen sich fortdauernd mit der Situation. Das gilt vor allem für unsere Arbeit als Netzbetreiber. Wir blicken auf die aktuellen Gas-Speicherstände in Deutschland, werten Wetterdaten aus, machen Berechnungen, wie sich ein kompletter oder teilweiser Gasmangel auf die Versorgung der Region auswirken könnte und welche geografischen Gegebenheiten zu berücksichtigen sind. Das Ziel muss sein, dass die nicht-geschützten Kunden – das sind in unserem Netz etwa 60 größere Betriebe – weiterhin arbeiten können. Um das zu erreichen, müssen wir möglichst effizient mit Energie umgehen. Aber, um das auch klar zu sagen, die Lage sieht heute besser aus als vor einem halben Jahr, als die Abhängigkeit von russischem Gas enorm hoch war und wir noch keine klare Vorstellung hatten, wie die Lücke gefüllt werden kann. Wir haben es alle in der Hand, einen Beitrag für die Versorgungssicherheit zu leisten.

Stefan Kieweg: Die EWF informiert schon immer über das Thema Energie sparen, das ist Teil unseres Kundenservice. Wir beobachten, dass die Kolleginnen und Kollegen immer mehr Anfragen erhalten, mit welchen Maßnahmen der Strom- oder Gasverbrauch gesenkt werden kann. Dabei helfen wir mit Energiespartipps, mit Strommessgeräten oder auch mit unseren Förderprogrammen. Wir können in der aktuellen Situation nur dazu aufrufen die Angebote zu prüfen und sich zusätzlich beispielsweise mit der Heizungsanlage zu beschäftigen und den heimischen Installateur zu fragen. Das ist ein wichtiger Hebel, um besonders den Gasverbrauch in den Griff zu bekommen.

Wie sieht die Zukunft der EWF aus?

Inken Barth: Die Energieversorger stehen möglicherweise vor einem tiefgreifenden Wandel. Stadtwerke müssen finanzielle Risiken minimieren und beschränken sich auf die Versorgung der Kunden nur noch in ihrer Nähe. Diese Probleme haben wir nicht. Die EWF konzentrierte sich auch in der Vergangenheit schon immer auf die Region. Damit hat das Unternehmen ein geringeres wirtschaftliches Risiko zu tragen. Wir wissen jetzt natürlich noch nicht, wie die Lage in zwei oder drei Jahren aussieht, aber wir merken, dass die vor fast 25 Jahren begonnene Liberalisierung des Energiemarktes in der aktuellen Energiepreiskrise ins Schlingern gerät. Die Hoffnung, dass der Markt alles regeln kann und keine staatlichen Eingriffe notwendig sind, hat sich eingetrübt.

Stefan Kieweg: Bei all diesen Herausforderungen dürfen wir aber nicht vergessen, dass wir beispielsweise den Ausbau erneuerbarer Energien weiterbringen müssen und wir uns mit Zukunftsthemen wie die Wasserstofferzeugung und -verteilung, die Digitalisierung unserer Netze und vielen weiteren Dingen weiter intensiv beschäftigen müssen. Ein wichtiges Beispiel ist unsere Beteiligung an dem Software-Projekt TAP (Technische Abrechnungsplattform) unseres Gesellschafters Thüga. Davon versprechen wir uns einerseits eine höhere Flexibilität unserer internen Prozesse, eine Effizienzsteigerung im Unternehmen, intelligente und maßgeschneiderte Produkte, aber auch einen zielgenauen Service für unsere Kunden.

Welchen Bezug haben Sie zur Region und zur EWF?

Stefan Kieweg: Auch während meiner Zeit in Kassel war ich mit dem Herzen immer hier zu Hause. Der Kontakt zur Region ist nie abgerissen. Ich wohne heute im Korbacher Ortsteil Rhena, wo ich vor etwa 20 Jahren ein Haus gebaut habe. Ich bin hier geboren und stolz auf unsere schöne Region.

Inken Barth: Ich schätze die landschaftliche Schönheit und Vielfalt der Region. Gemeinsam mit meinem Mann bin ich gerne zu Fuß, mit dem E-Bike oder Motorrad in der Natur unterwegs. Da wir als gebürtige Rheinländer kontaktfreudig und gesellig sind, fühlen wir uns hier in der Region, in der immer etwas los ist, pudelwohl. Mittlerweile bin ich in Helmscheid zu Hause und fühle mich bestens in den Ort integriert. Und vor ein paar Jahren sind wir mit einem eigenen Häuschen hier richtig heimisch geworden.

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